Zweiter Bericht der Direktion der Bernischen Musikgesellschaft an die Hauptversammlung derselben Dokument

1860

Alle Daten

  • (Klavier)
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  • (Violine)
  • (Violine)
  • (Chorgesang)

Literaturhinweise

Übertragung

[S. 8] IV. Die Musikschule. Mit dem Eintritt des Herrn Prof. Franck in seine Stellung als Direktor der Musik-Gesellschaft wurde die bisherige Violinschule in eine eigentliche Musikschule erweitert, und das Publikum durch ein "Programm" mit der Organisation und den speziellen Einrichtungen der Anstalt bekannt gemacht. Es zeigte sich gleich Anfangs eine so erfreuliche Theilnahme, daß nach abgelaufenem Anmeldungstermin zu der Violinschule noch eine Klavier- und Chorgesangschule eingerichtet werden konnte. Da jedoch die bloß für den Unterricht im Elementar- und Chorgesang von außen angemeldeten Schüler nicht zahlreich genug waren, um mit denjenigen Schülern des Instrumentalspiels, welche nach Vorschrift des Programms mit unentgeltlicher Benutzung der Gesangschule an diesem Unterricht Theil nehmen wollten, eine gehörige Gesangklasse zu bilden, die Direktion aber in Hinblick auf die Nothwendigkeit einer tüchtigen Vorbildung für den Gesangverein der Musik-Gesellschaft in der Anstalt selbst einen ganz besonderen Werth auf eine möglichst zahlreiche Musikschule legt, so gestattete sie auch solchen Knaben und Mädchen, welche an dem Instrumental- [S. 9] Unterricht der Schule keinen Theil nehmen, aber Anlage und Lust zum Gesang zeigen, die unentgeltliche Benutzung des Gesangunterrichts, ohne ihnen jedoch die in III,2 des Programms angeführten weiteren Rechte einzuräumen. Die große Schwierigkeit, für die Antstalt ein passendes Lokal zu finden, wurde durch das freundliche Entgegenkommen der Direktion der hiesigen Einwohner-Mädchenschule gehoben, indem diese Behörde auf eine Anfrage unserer Direktion bereitwilligst und unter sehr vortheilhaften Bedingungen unserer Anstalt die nöthigen Lokalien in ihrem Schulhaus auf dem Kornhausplatz überließ. So konnte, nachdem der Klavier-Unterricht den Herren Prof. Franck, Thiele und Arnold, der Violin-Unterricht Herrn Schulvorsteher Frölich übertragen worden war, die Musikschule auf 1. November 1859 mit 10 Klavier-, 4 Violin- und 2 Gesang-Klassen eröffnet werden. Da am 1. Febr. noch eine Klavierklasse hinzukam, so ist der gegenwärtige Bestand der Anstalt folgender: 1) Klavierschule. Klasse I bis III, unter Hrn. Prof. Franck, mit 1 Schüler und 7 Schülerinnnen ... 8 Klasse IV bis VII, unter Hrn. Thiele, mit 3 Schülern und 9 Schülerinnen ... 12 Klasse VIII bis XI, unter Hrn. Arnold, mit 5 Schülern und 6 Schülerinnen ... 11 [Summe] 31 2) Violinschule. Klasse I und II mit Hrn. Edele (10 Schüler), Klasse III und IV mit Hr. Arnold (10 Schüler) ... 20 3) Chorgesangschule unter Hrn. Frölich. Knabenklasse 10 Schüler, Mädchenklasse 42 Schülerinnen ... 52 Im Ganzen 103 Schüler und Schüerinnen. [S. 10] Ueber den Schulbesuch, das Betragen, den Fleiß und den Fortschritt der Schüler und Schüerinnen kann im Allgemeinen volle Befriedigung ausgesprochen werden. Das in der Regel alle 14 Tage stattfindende Ensemble-Spiel, an welchem sämmtliche Schüler Theil zu nehmen verpflichtet sind, so wie der Besuch der Conzerte und Soireen für Kammermusik trugen nicht wenig dazu bei, ihre musikalischen Anlagen zu wecken. Die Organisation der Anstalt, namentlich die Methode des klassenweisen Unterrichtes mit höchstens 3 Schülern in einer Klavierklasse hat sich vollkommen bewährt. Am Schluß des Schuljahres fand in Gegenwart der Eltern, Behörden und sonstiger Musikfreunde eine öffentliche Ensemble-Stunde statt, in welcher die Zöglinge Proben ihrer Fortschritte ablegten. Bei der weitern Entwicklung der Anstalt wird die Direktion als ihre Hauptaufgabe stets das Streben im Auge behalten, eine gediegene, auf dem Studium der klassischen Meister ruhende allseitige musikalische Bildung unserer Jugend immer mehr zugänglich zu machen, neben der Errichtung von Solo-Gesang- und Violoncell-Klassen namentlich auch das Interesse für ein gründliches Studium der Theorie zu wecken, und die hierzu befähigten Violinschüler zu recht baldiger Mitwirkung im Orchester zu ermuntern.